Das Training mit einem Retriever macht Spaß, sehr großen Spaß!
Dieser besondere Augenblick indem der Hund starr am Bein verharrt, die Konzentration geradeaus, nach vorne gerichtet. Die Augen fixieren einen Punkt in weiter Ferne, bestrebt ihn festzuhalten, über das Auge ins Gedächtnis einzubrennen.
Dann gibt der Mensch ruhig das Kommando „Apport“.
In diesem Moment explodiert der Hund. Mit der ihnen eigenen Reaktionszeit schießt er pfeilschnell nach vorne, immer geradeaus bis an die fixierte Stelle nahe dem Horizont, nimmt sein Dummy auf und bringt es sicher und schnell zu seinem Menschen zurück.
Nun stellen wir uns diese Situation einmal anders vor: Der Hund sitzt am Bein, lehnt sich an seinen Menschen. Es ist ein Anlehnen, kein „in Kontakt sein“, um die Verbindung zu erhalten. Im entscheidenden Moment, wenn der Werfer, auf Entfernung, den Schuss abgibt und das Dummy wirft, schaut der Hund zur Seite. Auf „Apport“ sackt der Hund in sich zusammen, bewegt sich nicht. Bleibt einfach sitzen oder schleicht ohne Motivation oder Plan in irgendeine beliebige Richtung, um dort rat- und hoffnungslos am Boden zu schnuppern oder Gräser zu kauen.
Sein Mensch steht hilflos dabei.
Wer schon einmal Zeuge einer solch traurigen Situation war, weiß was Überforderung bedeutet. Dieses Verhalten zeigen nicht Hunde die nicht wissen was zu tun ist, sondern die Überforderten. Gerade weil die Hundearbeit mit diesen arbeitsfreudigen Retrievern so viel Spaß bringt, neigen wir dazu die Hunde zu überfordern. Wir Menschen sind eben nicht vor höher, schneller, besser gefeit. Unser Ehrgeiz führt uns auf Working Test immer die „Besseren“ vor Augen und unser vierbeiniger Teamkollege spielt eine ganze Zeitlang prima mit.
Ich bin ein großer Freund von einem sinnvollen Trainingsaufbau. Die alte Hundeausbilder Regel:
„Kennen – Können – Festigen“ hat immer noch Bestand.
Im Training sollte man immer absichern, ob der Hund die Aufgabe oder die Komplexität dieser wirklich verstanden hat oder ob er aus einem Reiz heraus eher zufällig im richtigen Moment das Richtige getan hat. Wer wünscht sich nicht einen wahnsinnig intelligenten Hund, der beim ersten Mal begreift. Einer der meist gesagten Sätze im Hundepark-Birk ist sicherlich: “ Das kann er schon!“ Er kann es aber oft noch gar nicht können!
Ein Welpe mit acht Wochen kann schon vor dem Futternapf sitzen, was aber noch lange nicht heißt, dass er das Kommando „Sitz“ zu jeder Gelegenheit und in jeder Umgebung umsetzen kann. Ein Hund der anfangs zuverlässig und scheinbar ohne Mühe, auf kurze Distanz geworfene Markierungen zuverlässig findet und bringt, kann eben auch enorme Mühe haben mit visuellen Ablenkungen oder schwierigem Gelände.
Wer nun zu schnell zu weit und kompliziert wird entmutigt den Hund. Provoziert Fehler ohne bewusst provozieren zu wollen und muss viel zu sehr korrigieren und fummeln. Es entstehen Spannungen und Fehlinterpretationen. Daraus entsteht Enttäuschung und das ungute Gefühl, ob der Hund sich etwa mit Absicht doof anstellt. Das, so viel ist gewiss, tun Hunde meiner Meinung nach nie. Hunde sind frech, haben eigene Ideen und auch schlechte Tage aber nicht um uns zu Leid zu leben.
Ich und wahrscheinlich alle anderen Hundetrainer auch, wünschen sich Geduld von den Menschen. Am liebsten baue ich das Training so auf, dass der Hund an die komplizierteren Aufgaben im Training herangeführt wird und unter dem Blick einer anderen Person die nächsten Schritte ausführt. Ein Trainer kann das Hundeverhalten lesen und beurteilen ob es noch Zwischenschritte oder einen Umweg braucht. Bei meinen eigenen Hunden schätze ich auch jemanden, der mich unterstützt. Man steckt einfach in einer Dynamik mit seinem Hund.
Zu Hause sollte man die Basics üben und auch mal wieder lang vergessene Übungen aus der Mottenkiste holen. Das gibt dem Hund Selbstbewusstsein und Sicherheit für Neues. Und eines sei unbedingt noch bemerkt: Langweile kennen nur wir Menschen. Was uns aber nicht davon abhält diese Gefühl auch in unsere Hunde zu interpretieren. Schlimmer als Fehler, Misserfolge und die „Null“ ist, wenn der Hund ins Meiden geht. Ein Hund der Meidet verweigert sich seinem Menschen und macht einfach nicht mehr mit.
Diese Situation ist so unglaublich traurig, frustrieren und ehrlich gesagt, auf Jahre irreparabel. Sie gleicht einer schweren Depression und nimmt alle Freude.
Misserfolge, die „Null“ und wenig Punkte sind bei vernünftigem Training eine Momentaufnahme und auch ein bisschen wichtig für die Bodenhaftung auf dem Weg zum Erfolg. Da kann man sehr entspannt sein, der Hund ist es von seiner Natur aus. Er macht alles in erster Linie für seinen Spaß und dafür liebe ich sie.
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