Der Hundepark liegt am Rande des Donaueschinger Schlossparks sehr idyllisch gelegen. Nach diesem langen, heißen Sommer und der damit einhergehenden Überbevölkerung des Parks, genieße ich nun die einkehrende Ruhe, um mit meinen Hunden „das kurze Gehen“ wieder im Schlosspark genießen zu können. Die anderen „Stamm Gassi Geher“ und ich sind also wieder unter uns, in unserem Park. Es ist so lässig, nach der Arbeit die Hunde einfach aus dem Auto lassen, ein paar Leinen zu greifen und immer gerade aus, wenn es ganz kurz sein soll.
Gestern Abend nutze ich die Zeit noch für zwei Telefonate und schlendere in den Park. Ich nehme die kleinen Abzweigungen an den Bachläufen entlang und freue mich wie der Nebel über dem Wasser aufsteigt und die Natur verhüllt. Je tiefer ich in den Park komme, desto ursprünglicher gebärdet sich die Natur. Abgelenkt durch das Telefon bin ich in einen sehr abgelegenen Teil gegangen. Hier führt eine sehr kleine Holzbrücke über die Breg. Rechts und links des Pfades befindet sich eine Art Sumpflandschaft. Umgefallene Weiden sind von Schilf und aller Arten von Wasserpflanzen umschlungen. Hier ist der Park kein Park mehr, sondern ein Refugium.
Der Nebel ist hier noch viel dichter und irgendwie wird mir plötzlich unheimlich. Ich drehe um, abrupt steht ein Fahrradfahrer vor mir. Der Weg ist so eng wir müssen uns über die Seite einigen um aneinander vorbei zu kommen. Unfreundlich stiert er mich an, ich stiere unfreundlich zurück und gehe weiter. Wo sind meine Hunde? Eigentlich habe ich drei Hunde zur Begleitung, wegen denen ich überhaupt noch in dem Park bin. Menschen ohne Hunde gehen um die Uhrzeit nur in den Park um einen Arbeitsweg hinter sich zu bringen. Und das sind wenige. Ich drehe mich um, der Fahrradfahrer ist weitergefahren, ich pfeife nach den Hunden.
Der Nebel schluckt den Ton.
Es ist dunkel geworden, der Nebel gibt nun das Licht. Ich sehe in der Ferne Ludmilla, den Kurzhaar, auf mich zukommen. Hat sie doch die Pfeife gehört, der brave Hund! Aber wieso kommt sie nicht näher, bewegt sich immer an der gleichen Stelle? Beim näher kommen wird mir klar: es ist nicht Ludmilla. Die Schatten der Büsche spielen ihre Streiche mit mir.Ein Käuzchen schreit, entrüstet über die Störung, auf. Ich fahre zusammen. Ein riesiger Vogel verlässt mit lautem Flügelschlag seinen Schlafplatz direkt über mir. Laub und Eicheln prasseln auf mich nieder. Ich gehe schneller.
„Du bist im Park“. „Nichts Außergewöhnliches geschieht“, versuche ich mich zu beruhigen. Ich pfeife wieder, zusätzlich rufe ich Ludmilla! Nelson! Tuula!
Für einen kurzen Moment kann ich vor mir ein Licht aufblitzen sehen. Ich versuche die inzwischen an die Dunkelheit gewöhnten Augen scharf zu stellen. Ich sehe nichts aber ich kann eine Zigarette riechen. LUUUUUDMILLLLLA! Sie wäre mir gerade die Liebste, weil groß und schwarz!
Plötzlich ein Tumult. Alle Enten schnattern und schimpfen entrüstet. Mir schwant, dass mindestens einer meiner Hunde für diese Aufregung zuständig ist. Ungefähr hundert Meter Luftlinie entfernt am Ententeich. Während in dieser Entfernung die Reiher mit wildem Gekreische ebenfalls ihren Unmut kundtun, sehe ich vor mir die Zigarette aufglimmen.
Ich nehme die Lederleine peitschenartig in beide Hände und versuche trotz dichtem Nebel und Dunkelheit körpersprachlich auszudrücken, dass mit mir nicht zu spaßen ist. Mein Herz pocht, schemenhaft kann ich eine Person am Rande des Weges wahrnehmen. Sie steht vollkommen ruhig. Wie zeigt man keine Angst, wenn man Angst hat? Es gibt nur diesen Weg, alle anderen führen nur weiter in den Park hinein.
Ich bin so konzentriert, dass ich die Bewegung rechts neben mir zu spät wahrnehme. Ich stolpere, sehe im mich abfangen wieder die Zigarette aufglimmen. Nelson kommt fröhlich aus dem Gebüsch gesprungen. Mein Herz pocht, ich fühle mich wenig heldenhaft. Ein dunkler Schatten löst sich vor mir aus dem Nebel. Ludmilla! Endlich! Dahinter, in ihrem Windschatten, Tuula sich mit ihren kurzen Beinchen anstrengen muss dranzubleiben.
Alle meine Hunde sind bei mir! Ich bin gleich viel mutiger. Gehe weiter, auf die Zigarette zu. Meine Hunde sind völlig gelassen. Sie kennen Menschen, auch Nachts. Man sieht dem jugendlichen Liebespaar förmlich an wie froh sie sind, dass ich eine harmlose Spaziergängerin mit braven Hunden bin. Ich löse den verkrampften Griff, um meine zur Waffe umfunktionierte Leine. Ein freundliches „Guten Abend“, von beiden Seiten.
Ich habe die Hunde auch zu meinem persönlichen Schutz, erkläre ich gerne. Und es stimmt! Mag sein, dass es geeignetere Rassen als Jagdhunde dafür gibt. Und doch fühle ich mich mit ihnen sicher. Ich weiß, wenn alle Enten, Füchse und Marder vertrieben sind haben sie auch wieder Zeit für mich
….vielleicht bleiben sie das nächste Mal trotzdem einfach an der Leine!
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