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Der Labrador Retriever und sein Mensch

„Sag mir was ich tun soll und ich frage: WARUM“

Hätte mich jemand als ich ca. 20 Jahre alt war gefragt, ob der Labrador Retriever das Potenzial zum Familienhund hat, hätte ich wahrscheinlich laut gelacht.

Natürlich traue ich dem Labrador so ziemlich alles zu, nur hätte ich nicht mit der Toleranz der zukünftigen Hundehalter gerechnet. Der Labrador liebt Wasser und Dreck und zwar zu jeder Jahreszeit. Dabei möchte er jedoch keinesfalls alleine vor dem Haus warten bis der Schmutz abgefallen ist.

Früher sollten Hunde ihre Aufgaben erfüllen aber ansonsten unkompliziert, anspruchslos, nicht zu kostenintensiv und zweckmäßig sein. Deshalb lag der kleine Dackel im Trend, bei Menschen auf der Suche nach Statussymbolen der Irish Setter und zum Aufpassen der Deutsche Schäferhund.

Doch wie eroberte der Labrador die Herzen der Familien? Wie bringt er seine Besitzer dazu, beinahe ihre komplette Freizeit dem Hund zu widmen? Mit ihm für Working Tests bis hin zu jagdlichen Prüfungen und den Trainings dafür hin und her zu fahren? Ich glaube von keiner anderen Hunderasse sind die Halter derart stark in ihre Gemeinschaft eingebunden.

Mich faszinieren die Hunde und ihre dazugehörigen Menschen. Es sind sehr besondere Typen, vereint und einig in der Liebe zum Labrador. Knorrige ältere Damen und Herren in klassischem Tweed und am Schaft weit offenen Gummistiefeln, stets mit Pfeife im wettergegerbten Gesicht und den Blick in die Ferne gerichtet. Wohl wissend, dass er gleich auftauchen wird, der Labrador, mit der Beute im Fang zurück zu seinem Halter. Dann huscht ein zufriedenes Lächeln über das Gesicht, wobei die Augen etwas mehr Lächeln als der Mund – dieser muss ja die Pfeife halten. Während die Besitzer anderer Jagdhunderassen in solchen Situationen nie ganz sicher sein können, ob ihrem Hund unterwegs nicht etwas dazwischen gekommen ist, bringt der Retriever zuverlässig. Dieses „sich aufeinander verlassen können“ ist natürlich.

Jüngere Labradorhalter  tragen nicht mehr ausschließlich Tweed. Auch scheint ihnen manchmal die Gelassenheit zu fehlen. Eine gewisse Aufgeregtheit und Unsicherheit begleitet naturgemäß den Anfänger. Doch der Hund erzieht den Menschen. Der Labrador Retriever verlangt „Leaderskills“ von seinem Menschen. Er ist bereit alles zu geben, braucht aber klare Anweisungen. In hektischer, unkonzentrierter Stimmung wird der Labrador entweder noch hektischer als alle anderen, lauter, wilder und schlicht nicht lenkbar. Oder er zeigt sich stur wie ein Büffel und sitzt die Dinge aus bis Herrchen sich beruhigt hat. Deshalb versteht jeder Halter und Ausbilder schnell, dass der Labrador ein ruhiges und unaufgeregtes Umfeld braucht um die Arbeit, die er über alles liebt, gut ausführen zu können.

Der Labrador war und ist der Hund des Adels. Kaum ein Schloss indem nicht mindestens zwei Labradore residieren. Selbst die englische Queen züchtete Labradore und war eine ausgezeichnete Ausbilderin dieser, natürlich in Tweed!

Der Labrador Retriever bleibt auch als Familienhund seinem Wesen treu. Er passt sich nicht den Reinlichkeitsvorstellungen mancher Frauchen an. Er zeigt sich uneinsichtig seinen Speiseplan betreffend und isst gerne einmal außer Haus, schnell im Vorbeigehen auf der Straße oder im Gebüsch. Jeder Labradorhalter kennt diesen Blick und die lange Nase, wenn sein Hund kurz verschwindet und Schnauze leckend wieder erscheint.

Er trägt solange Dinge durch die Gegend bis Herrchen und Frauchen begriffen haben, dass er arbeiten möchte.

Traurig ist, wenn manche „kundigen“ Personen den Labrador auf ein Familienhund Dasein reduzieren. Leider rufen immer wieder Labradorhalter an, die erklären, dass sie sich für einen Labrador entschieden haben, weil sie auf keinen Fall einen Jagdhund wollten.

Zum Glück sind es jedoch meistens diese, die später stolz die Dummyweste tragen, durchgesabberte Apportel ihr Eigen nennen, Federwild und Haarwild unterscheiden können, „Fremdsprachen“ ( Such-verloren-Apport) erlernen und glücklich mit mehreren Labradoren auch bei schlechtem Wetter (der Hund mag das sowieso lieber) in der Natur sind.

Und dann kommt vielleicht auch bald der Tweed…….!

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