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Geistige Leine

Mir fällt auf, dass viele Hundehalter Schwierigkeiten haben ihren Hund frei zu geben.

Was bedeutet, dass sie ihren Hund kaum bis gar nicht von der Leine lassen oder ihn sehr eng bei sich führen und durch ständige Ansprache kontrollieren. Ich meine damit nicht die Kontrolle des Hundes in gefährlichen Situationen. Auch ich führe unsere Hunde selbstverständlich in der Nähe von Straßen, Schienen, in der Stadt an der Leine. Ja, ich betrachte jedes Gelände unter dem Aspekt wo kann Wild aufstehen und wie wird es sich voraussichtlich verhalten. Dieses Vorausschauende spazieren ist unerlässlich für Jagdhundehalter.

Mir geht es hier um die Kontrolle zum Selbstzweck. Wenn sie mit ihrem Hund auf einem überschaubaren Stück Wiese sind und ihn ableinen, wird ein junger Hund explodieren, rennen und sich dabei dehnen und strecken. Jagdhunde sind Läufer, Jäger und darauf ausgelegt schnelle Sprints mit zackigen Wendungen auszuführen.

Vielleicht wird er eine Krähe aufscheuchen und ihr hinterher hetzen. Dies zählt zu natürlichem Verhalten und ist im abgesicherten Bereich ein wichtiger Lernprozess für den Hund.

Nach einigen Dutzend Krähen, Tauben und Enten wird er wissen wie sinnlos sein Tun ist.

 Der Hund braucht die Erfahrung, um zu sehen, dass die Jagd im Team mit seinem Menschen die erfolgreichere ist. Hunde denen diese Lernprozesse aufgrund ständiger Einwirkung des Hundeführers fehlen, laufen Gefahr sich ihr Leben lang wie jugendliche Hunde zu benehmen und jede Gelegenheit zum Ausbruch zu nutzen. Ihnen fehlt sozusagen die Chance der freiwilligen Bindung an ihren Halter.

Dem Hund selbst und der zwischenartlichen Beziehung fehlt die Entwicklung. Hunde brauchen beim Spaziergang auch Zeit für sich und Gelegenheit sich ihrer Art entsprechend zu verhalten. Dazu gehört Schnüffeln, Gerüche untersuchen, rennen, sich wälzen und ja, es wird auch einmal etwas gegessen, was nicht auf unserem Speiseplan steht – aber das tun die Chinesen auch.

Die Gefahr der Giftköder ist meiner Meinung nach am unmittelbaren Stadtrand, in Parks und Wohngebieten um ein vielfaches höher als draußen auf dem Feld.

 Am Schlimmsten ist aber, dass zu unfrei geführte Hunde ihre natürliche Bindung zum Halter aufgeben und ihre hundetypische Intelligenz verlieren. Hunde, um die sich durch Kontrolle immer gekümmert wird, verlieren ihre Kooperation und Zuverlässigkeit.

 Ein Spaziergang über die Felder mit einem Hund der sich frei bewegen kann, der sich auch einmal verschnuffelt und den größer gewordenen Abstand zu seinem Halter durch schnelles Rennen aufholt, ist Freude und Vertrauen. Diese Freiwilligkeit erreicht man durch freigeben des Hundes in sicherer Umgebung. Spaziergänge ohne Worte, Befehle, Einwirkung ist Bindungsarbeit und fördert die „geistige“ Leine.

Jagdhunde, die diese natürliche Lebensform genießen können, werden wesentlich zuverlässiger wenn „es darauf ankommt“!

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